Das Lehramt spricht, das Lehramt schweigt

Volk Gottes: mit Hoffnungen, Sorgen, Gewissen

Papst Johannes Paul II. hat den Politikern Thomas Morus als Vorbild empfohlen. Der englische Lordkanzler, ein Mann des Glaubens und der Realpolitik, wird als „Heiliger des Gewissens" verehrt. Weil er die Verfassungsänderung Heinrichs VIII., welche die Trennung der Kirche Englands von Rom besiegelte, nicht mittrug, wurde er zum Tode verurteilt und auf dem Schafott hingerichtet. Die Morus-Forschung zeigt freilich auch, daß der gelehrte Humanist, gewiefte Rechtsanwalt, geistreiche Schriftsteller, geschickte Geschäftsmann und verantwortliche Familienvater Sinn für die Machtpolitik hatte, die keineswegs immer widerspruchsfrei ist. Das liegt nicht an einem mangelhaften guten Willen, sondern an der unvollkommenen, tragisch verstrickten Schöpfung. Thomas Morus konnte anderen Meinungen gegenüber ebenso tolerant wie intolerant sein. Zur sexuellen Un-moral und den Scheidungsangelegenheiten seines Königs hüllte er sich in Schweigen. Die Suprematsakte mit ihren staatspolitischen wie kirchenpolitischen Konsequenzen dagegen wurde ihm zum „Bekenntnisfall".

Gerade in seinen Ungereimtheiten und Doppeldeutigkeiten ist der kirchliche Laie Thomas Morus uns ein wirklich moderner Heiliger. Nicht wenige Staatsmänner, Minister, Parlamentarier, die sich rund um den Erdball um eine christliche Haltung für ihr keineswegs „schmutziges Geschäft" mühen, können nachempfinden, was es bedeutet, gewissenhaft und klug, durchsetzungsfähig und kompromißbereit, zielstrebig und abwägend Entscheidungen zu treffen. Das Gute verlangt ebenso das Richtige, das Machbare. Die reine Wahrheit erweist sich oft nicht als die ganze Weisheit.

Wie zum Beispiel hätte Thomas Morus als christlicher Bundeskanzler oder Bundestagsabgeordneter nach der Wiedervereinigung Deutschlands im unseligen Abtreibungsstreit gehandelt? Damals standen alle Signale und Mehrheiten gegen die Christen auf Fristenregelung. Und nur der einfallsreiche Schachzug des jetzigen Gesetzes konnte im letzten Augenblick jenes weitaus Schlimmere verhüten, das heute in vielen - sogar katholischen - Staaten der Normalfall ist. Doch nicht dort, wo der uneingeschränkte Einsatz der Kirche für den Lebensschutz noch viel stärker verdunkelt ist, entbrannte die Kontroverse, sondern beim deutschen Sonderfall der Kooperation zwischen Kirche und Staat, unter Beachtung der getrennten Bereiche.

Streitfall „Donum Vitae"

Der Vatikan hatte und hat zur staatlich eingebetteten Schwangerschaftskonfliktberatung durch Christen eine andere Auffassung als viele Gläubige und vor allem die Beraterinnen. Die Mehrheit der deutschen Bischofskonferenz versuchte lange, das römische Lehramt umzustimmen, ohne Erfolg. Am Ende hat man sich um der Einheit willen der Weisung des Papstes gebeugt und den Ausstieg der kirchlichen Institutionen aus der bisherigen Beratung mit schriftlicher Gesprächsbestätigung angeordnet. Nur: die frühere Güterabwägung und deren Erkenntnisse sind damit nicht erledigt. Das ist der Grund, warum sich viele angesehene katholische Laien entschieden haben, als Privatpersonen eigene Beratungsinitiativen wie „Donum Vitae" aufzubauen. So meint man, wie bisher wenigstens einige jener zur Abtreibung entschlossenen Frauen erreichen und umstimmen zu können, die sonst kaum eine christlich ausgerichtete Beratungsstelle aufsuchen würden. Gewiß geht es da um eher kleine Zahlen. Aber muß nicht jedes rettbare ungeborene Leben jeden Rettungsversuch wert sein? Auch dann, wenn man nur noch wenige von Christen betreute Stellen zur Konfliktberatung aufrechterhalten kann?

Selbst das hat die Auseinandersetzung nicht gemildert, sondern nur nochmals verschärft. Rom verlangt in seiner Sicht eine absolute Gehorsamsverpflichtung auch der Laien gegenüber der päpstlichen Weisung, welche vom Vatikan mit lehramtlicher Qualität aufgeladen wurde. Die betroffenen Laien sehen das allerdings völlig anders. Ihnen erscheinen ihre eigenen gut begründeten Argumente und Gewissensurteile keineswegs widerlegt allein dadurch, daß für die Gegen-Meinung verbal lehramtliche Ansprüche erhoben und geltend gemacht werden. Plötzlich steht Argument gegen Argument, Gewissensurteil gegen Gewissensurteil. Wer aber sagt, daß in solchen Fällen das Gewissen des Laien automatisch irrig ist, das Gewissen des obersten Lehramts dagegen automatisch unfehlbar? Das ist kein geringes Problem. Es wird nicht leichter dadurch, daß quasi-unfehlbare Ansprüche mehr und mehr in die gewöhnliche, in die ordentliche Lehramtsausübung Einzug halten. Auch das oberste Lehramt darf ja nicht Willkür walten lassen. Kann es, darf es in solchen Situationen - wenn sich die Sachfragen eben nicht eindeutig klären lassen - zwei Wege geben?

Erschwerend kommt hinzu, daß jenen Personen, die „Donum Vitae" nicht aus Rechthaberei, sondern aus inneren Wahrheitsgründen unterstützen, sogar von Kardinalen vorgeworfen wurde, die Kirche zu spalten. Tragischerweise treffen derartige Unterstellungen ausgerechnet solche in Demokratie, Glauben, Beruf und Familie bewährte Frauen und Männer, die in der Öffentlichkeit für die Glaubwürdigkeit ihrer Kirche weitaus mehr kämpfen und leiden als so mancher andere Christ.

Dieses Dilemma wiederum hat einen Freundeskreis von angesehenen christlichen Unions-Politikern veranlaßt, öffentlich die Stimme zu erheben, darunter die Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Bernhard Vogel sowie die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan, ferner Bundestagsabgeordnete, Fraktionsvorsitzende in Landtagen und weitere eher konservative Persönlichkeiten, die aus der Mitte des Volkes Gottes wie der Gesellschaft kommen und nun wirklich alles andere sind als „Rebellen". Entsprechend sind die Einwände und Anfragen ernstzunehmen. Die aufsehenerregende Stellungnahme wurde in der „Frankfurter Allgemeinen" (l 7. November) veröffentlicht.

Die EU-Grundrechte-Charta will von Gott nichts wissen

Unübersehbar ist die Furcht, daß sich die Christen selbst lähmen, womöglich zerfleischen, statt sich gemeinsam ums Wesentliche zu bemühen, für ihren Glauben werbend und überzeugend einzutreten. Der Eiswind vieler Glaubensdistanzierter bläst nicht bloß in der bundesrepublikanischen Gesellschaft allen, die öffentlich für Christliches eintreten, ins Gesicht. Während sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, angeführt von christlichen Politikern, ein Grundgesetz „in Verantwortung vor Gott" gegeben hat, scheint sich diese besondere Verantwortung zwischen Kirche und Staat längst zu verflüchtigen. Vielleicht ist die Anpassung des deutschen Sonderfalls an den weltweit üblichen, aber keineswegs besseren Normalfall vorgezeichnet. Nur: ausgemacht ist es gerade nicht, daß die vermeintliche Selbst-Befreiung der Kirche aus der babylonischen Gefangenschaft durch den Staat zu mehr Freiheit führt. Eher kann man - im Blick auf so viele Zeichen der Zeit ringsum - Gegenteiliges erwarten. Die Verluste spüren wir ja schon: zum Beispiel hat die Mehrheit der Europäischen Union gegen die beschwörenden Appelle etwa des Papstes, Europa eine Seele zu geben, mit der überwältigenden Mehrheit der Mitglieder in der neuen Grundrechte-Charta eine „Verantwortung vor Gott" verweigert. Alle entsprechenden Vorschläge christlicher Politiker wie des kirchlichen Lehramts sind abgeschmettert worden.

Eine ganz andere Frage ist, ob man dem Christsein wirklich dient, indem man eine Partei wie die CDU mit auffälligem kirchlichem Liebesentzug bestraft. Gewiß sind manche Enttäuschungen und mancher Zorn berechtigt und verständlich. Und es ist menschlich kein Sonderfall, daß man etwas, was man einmal bevorzugt liebte und von dem man besonders profitierte, später massiv verstößt, wenn man „Abfall" oder „Verrat" wittert. Jedenfalls wirken Kardinals-Äußerungen, notfalls das „C" aus Redlichkeitsgründen aufzugeben, schon sehr eigenartig, zumal wenn sie aus einem Bistum kommen, das in besonderer Weise über Jahrzehnte die Früchte von CDU-Regierungspolitik genoß und zu einer der reichsten Diözesen der Welt wurde. Das gewaltige Problem freilich ist nicht zu übersehen, ob eine Partei mit betontem „C" heute noch als Volkspartei überleben, mehrheitsfähig werden kann.

Anfragen von christlichen Politikern

Den Politikern, die das vorliegende Manifest geschrieben haben, geht es aber nicht um parteiliche Pfründe, sondern um die Glaubwürdigkeit des Christlichen in dieser Gesellschaft. Welche Spielräume hat der Laie? Und wie stützt ihn das Lehramt in Bewährungsproben? Fällt es ihm in kritischen Phasen womöglich noch in den Rücken? Nimmt es die Sorgen der Gläubigen umfassend wahr? Oder hört es bevorzugt nur auf einzelne Gruppen und Grüppchen mit kirchlichen und religiösen Sonderinteressen?

„Was habt ihr für ein Amtsverständnis?", fragen die Verfasser. „Wir erwarten von unseren Bischöfen, daß sie angesichts vielfältiger Zeugnisse, Initiativen und Gemeinschaften kirchlichen Lebens und Handelns ihren Dienst an der Einheit nicht als Speerspitze veramtlichter Arbeits- und Lebensbereiche verstehen, sondern als Hirten, die für die ganze Herde verantwortlich sind. Viele Menschen heute sind religiös ohne Kirche oder sehnen sich nach religiöser Beheimatung in der Kirche. Wenn der innerkirchliche Streit um die Schwangerschaftskonfliktberatung im bisherigen Stil fortgeführt wird, läuft die Kirche mehr und mehr Gefahr, mit der Botschaft, die ihr für alle aufgegeben ist, immer weniger Menschen zu erreichen. Wir wollen mit der frohen Botschaft des Evangeliums die Menschen unserer Zeit erreichen. Und wir wollen dies gemeinsam tun mit möglichst allen, die in der Kirche und für die Kirche Verantwortung haben."

Traurig ist, daß das Engagement von Laien seit einiger Zeit wie in ein Licht lehramtlichen Grundmißtrauens getaucht erscheint, auffällig seit der unglücklichen Laien-Instruktion. Der Text der Politiker nennt Beispiele aus neuerer Zeit: „Katholikentage werden grundsätzlich in Frage gestellt, verbandliche Zusammenschlüsse werden mit Argwohn betrachtet, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken wird ein innerkirchliches Kreisen um sich selbst unterstellt, es wird ihm grundlos vorgeworfen, eine Art Gegenlehramt gegen den Papst zu sein und eine unheilvolle Verschmelzung mit der Politik eingegangen zu sein. Es wird mit der Streichung von kirchlichen Finanzzuweisungen gedroht. Die Gründer und die Mitglieder von "Donum Vitae" werden attackiert, sie würden die Kirche spalten und gar ein Schisma herbeiführen. Was bewegt kirchliche Amtsträger, daß sie solche Vorwürfe und Unterstellungen widerspruchslos hinnehmen?"

Argumente in einer demokratischen Welt

Die Unterzeichner befürchten, daß ein Kirchenverständnis Einzug hält, das man mit dem Volk-Gottes-Gedanken des Zweiten Vatikanischen Konzils für überwunden glaubte. Das Konzil hatte die freien Initiativen von Laien in der Kirche bejaht.

Freilich wollen und brauchen die Christen das Lehramt, das die Einheit im Glauben anmahnt und dialogisch mit aufbauen hilft. Natürlich gibt es nicht immer Konsens. Und gewiß können historische Notstände - etwa bei tyrannischen Regimen wie im Dritten Reich - das Lehramt herausfordern, ein hartes Urteil zu fällen, auch geblendeten Christen - ob Bischöfen oder Laien - ins Angesicht zu widerstehen. Doch Ausnahmen sind Ausnahmen, nicht die Regel. Und sie ersetzen ja nicht Argumente. Irdische Sachprobleme wie die Beratungsfrage sind auch dann nicht der Argumentation entzogen, wenn sie auf eine lehramtliche Ebene gehoben werden. Außerdem brauchen lehramtliche Beschlüsse in demokratischen Leitkulturen anders als in monarchistischen Leitkulturen gewichtige innere Überzeugungskraft.

Kernprobleme für das Glaubensleben werden auf die lange Bank geschoben

Nicht jeder Dialog kann ewig währen, es muß einmal verbindlich entschieden, ein Schlußstrich gezogen werden. Doch auch dafür braucht das Lehramt in einer kommunikativen Welt besonderes Fingerspitzengefühl. Außerdem handelt es sich bei „Donum Vitae" und der Beratung um einen Sonderfall im Sonderfall: das päpstliche Lehramt hat nicht in erster Linie gegen Laien entschieden, sondern gegen einen mit deutlicher Mehrheit gefällten kollegialen Beschluß einer Bischofskonferenz, also Lehramt gegen Lehramt. In solchen Fällen ist es erst recht ratsam, zurückhaltend und mäßigend einzuwirken. Völlig zu recht bringt es die Stellungnahme der katholischen Laien auf den Punkt: „In Wirklichkeit tut Donum Vitae nichts anderes als das, was fast alle deutschen Bischöfe über viele Jahre für richtig gehalten haben und was die meisten deutschen Bischöfe bis auf den heutigen Tag tun: Donum Vitae beteiligt sich an der Schwangerschaftskonfliktberatung."

Natürlich können sich auch Bischöfe irren, sogar Mehrheiten von Bischofskonferenzen. Sie haben ebenfalls das Recht, ihre Meinung zu ändern. Wenn aber die Situation derart konfus und von der Sachlage her mehrdeutig ist wie jetzt, tun alle Beteiligten gut daran, aus einem solchen Fall keinen Glaubens-Bekenntnis-Fall zu machen.

Was viele Laien weitaus mehr besorgt und zusätzlichen Unmut nährt, ist die Unverhältnismäßigkeit der lehramtlichen Reaktionen. Es ist wirklich traurig: In vielen bedrängenden Sorgen um die Glaubensentwicklung, welche das Volk Gottes, viele Theologen und Bischöfe unter anderem in Rom vorgetragen haben, scheinen die Dinge auf die lange Bank geschoben zu werden. Seit Jahrzehnten liegen - wirklich nicht nur von der Würzburger Synode her - Bitten und Anregungen auf dem Tisch, wie man dem glaubensbedrohlichen Priestermangel vielleicht doch sinnvoll entgegenwirken könnte. Aber das oberste Lehramt stellt sich taub, als ob man diese Dinge, welche unser Christsein hautnah betreffen, einfach aussitzen oder durch Gebetsappelle für geistliche Berufe beschwichtigen könne. Sogar jede offene und ausführliche welt-synodale Diskussion darüber wird verweigert. Ähnliches gilt in Fragen der eucharistischen Gastfreundschaft, bei der stagnierenden Liturgiereform... Zwischen der engagierten Rührigkeit der vatikanischen Behörden im Fall der deutschen Schwangerschaftskonfliktberatung und der Langsamkeit bei gravierenden weltkirchlichen Problemen herrscht ein krasses Mißverhältnis. Das Lehramt läßt die Gläubigen gerade dort im Stich, wo der Kern seiner Verantwortlichkeit gefordert ist.

Wir Laien brauchen das Lehramt. Wir brauchen es viel mehr, als es oft den Anschein hat. Wir brauchen seine Hilfe am notwendigsten dort, wo es sich am stärksten zu versagen scheint. Und wir brauchen es da schnell. Das Lehramt zieht allzuvieles an sich und äußert sich zu allzuvielem, was nicht seine erste Sache ist. Dagegen hüllt es sich in Schweigen und Abwehr, wo es für die dringend notwendigen Horizonterweiterungen des Christseins Führungsverantwortung übernehmen müßte. Wir erwarten das nach vorn und nicht zurück weisende Lehramt in vielen brennenden Fragen, die längst gestellt sind.

 


Kommentar in CiG

Stimmungswandel Biowissenschaft

Vor kurzem noch weckte die grüne Gentechnologie große Befürchtungen. Werden Pflanzen mit neuen Genen auf den Äckern Artenschranken überspringen. über die Nahrungskette unbekannte Allergien oder geheimnisvolle Krankheiten auslösen? Längst finden sich Spuren von erbveränderten Pflanzen, etwa Mais oder Soja, in unzähligen Lebensmitteln. Viele Arzneien werden inzwischen über gentechnische Verfahren gewonnen und wie das Humaninsulin selbstverständlich angenommen.

Mittlerweile hat sich das Interesse auf die rote Gentechnologie verlagert, auf Erbgut-Experimente an tierischen Organismen. In jüngster Zeit ist der Mensch selbst in den Mittelpunkt getreten: das Geheimnis seines Lebens im Erbgut. Begleitet wird dies von der Biotechnik, von Versuchen, überhaupt erst einmal die Mechanismen der Zellentwicklung von der Befruchtung an aufzudecken, um daraus vielleicht irgendwann einmal - etwa über Stammzellen -h Heilungsmöglichkeiten zu erkunden. Gesundheit ist zum schlagkräftigsten Argument geworden, bisherige Ablehnung zu entkräften. Die Stimmung kippt spürbar, rasant um. In großen Zeitungen wie der „Frankfurter Allgemeinen", die vor kurzem noch sogar im Feuilleton gegen Abtreibung kämpfte und Bischöfe kritisierte, die kirchliche Konfliktberatung befürworteten, ist der Wind des Wandels am deutlichsten zu spüren. Nun gewinnen Autoren die Oberhand, die den Weg zur Embryonenforschung, welche nicht ohne Tötung abgeht, vorbereiten. Zuletzt äußerte sich der Rechtsphilosoph Norbert Hoerster, der einem Individuum das Recht auf Leben nur dann zuspricht. wenn es ein Interesse an seinem Überleben besitzt. Zuvor wurde dem Molekularbiologen James D. Watson Raum gegeben, der sich polemisch gegen das Christentum und für die Selektion behinderter Feten aussprach.

Nachdem das gesetzliche Abtreibungsverbot real gefallen ist und im Bewußtsein großer Bevölkerungsteile Schwangerschaftsabbrüche faktisch als Recht gelten, wird es immer schwerer, noch plausibel zu machen, warum dann frühe menschliche Zellverbindungen schützenswert sein sollen, zumal Heilsversprechungen massiv locken und werben. In den USA haben viele Nobelpreisträger an die neue Regierung appelliert, Experimente mit menschlichen embryonalen Stammzellen weiter zu fördern. Die Entwicklung verlangt auch von den Christen, sich mit den Herausforderungen entschieden intensiver zu befassen als bisher. Bloß abwehrende Ethik reicht nicht. So wie sich die Medizingeschichte immer über kirchlich vorgetragene Tabus hinwegsetzte - vom Verbot der Leichensektion bis zur Pille - werden die heutigen Lebenswissenschaften ähnlich handeln. Über Morallehre hinaus haben die Christen mitsamt ihren Theologen den Glauben den fortschreitenden erregenden Forschungs-Erkenntnissen auszusetzen. die religiöse Frage im Horizont der Naturwissenschaften von Grund auf neu zu stellen.

zurück

Last update: 15. März 2002 14:53